Verschiffung nach Südamerika

Weihnachtsbaum in der Hafenbehörde (mit Pinguinen geschmückt)
Weihnachtsbaum in der Hafenbehörde (mit Pinguinen geschmückt)

Falls Ihr jemals das Abenteuer Panamerica wagen solltet, werdet Ihr, ebenso wie alle anderen, die zuvor oder danach gereist sind, vor den fehlenden sechzig Straßenkilometern zwischen Panama und Kolumbien stehen. Und weil alle Overlander hier auf eine Verschiffung angewiesen sind, haben es alle Beteiligten so umständlich, bürokratisch und natürlich teuer gemacht, wie es gerade noch ging. Anscheinend lehnen es Speditionen in letzter Zeit ab, direkt mit den Kunden zu verhandeln, so empfiehlt sich die Einschaltung eines Agenten. Aber auch so bleibt es kompliziert. Uns hat das Ganze zwei Tage Arbeit in Panama und zwei Tage Arbeit in Kolumbien gekostet. Dazu noch die Wartezeit auf das Auto in Cartagena. Diese ging jedoch in Ordnung, denn Cartagena ist eine der allerallerschööönsten Städte, die wir auf der ganzen Reise erleben durften - davon in einer Extra-Ausgabe mehr. Also hier der Prozess, wie man ein Auto ein paar Kilometer nach Süden kriegt:

 

(Montag) Zuerst mal muss man sein Auto in Panama-City von der Polizei überprüfen lassen. Motor- und Fahrgestellnummer Papiere etc. Benötigt: Originalpapiere und Kopien (hahaha) von Einreisedokument Auto (TIP = Temporary Import Permit), Pass, Einreisestempel Pass, Fahrzeugschein, KFZ-Versicherung Panama. Das Ganze findet früh um Sieben (...der Prüfbeamte erscheint pünktlich um Acht) in einem der schlimmsten Slums der Stadt statt. Danach darf man wieder nach Hause, denn die erforderliche Genehmigung gibt es erst am Nachmittag in einer anderen Behörde, nicht weit weg von dort. Um 14.00 h also zum Abholen der Genehmigung zur Justizbehörde (lange Menschenschlangen vor dem Eingang), durchfragen zum entsprechenden Empfang und wieder Anträge ausfüllen. Mit diesem Antrag geben wir wieder einen Satz der üblichen Kopien (!!!) ab und erhalten nach nur einer Stunde Wartezeit endlich unsere Exportbewilligung, die wir auf der anderen Straßenseite gleich ein paar mal kopieren. Man weiß ja nie... Und schon ist der erste Tag hinüber.

Abends kommt die Kollegin von unserer Agentin und kassiert die Fracht in bar (Tea Kalmbach, unsere Agentin, sitzt nämlich gar nicht in Panama, auch nicht in Kolumbien, sondern in Buenos Aires).

 

Jetzt zum Tag zwei (Dienstag): Zoll und Abgabe des Autos in Colón, und zwar rund 80 Kilometer von Panama City entfernt. Es regnet wie aus Eimern und wir benutzen die verbotene, weil gebührenpflichtige, Autobahn. Leider gibt es zwar noch Kassenhäuschen aber keinen Service mehr. Und ein E-Ticket haben wir auch nicht. So stellen wir uns einfach an die Schranke und warten. Irgendwann geht diese dann tatsächlich auf und wir sausen in aller Herrgottsfrühe gen Colón. Dort müssen wir zuerst das Büro der Spedition finden. Wir haben bereits drei Kopien(!!!) des Bill of Lading, das uns unsere Agentin gemailt hat, dabei. Diese müssen gestempelt werden. Fertig! Dann zwei Kilometer zurück zum Zoll. Wir fragen uns durch zum entsprechenden Büro, wo das Auto aus dem Pass des Besitzers ausgetragen wird. Benötigt: Jeweils drei Kopien von Pass, Seite Einreisestempel, Zulassung, TIP, KFZ-Versicherung Panama. Dafür gibt es ein weiteres Dokument zusätzlich, die Unterlagen werden gestempelt, so dass wir nun drei Sätze haben, ohne die das Procedere nicht weitergeht. Jetzt geht es zu einer weiteren Zollabteilung, ein paar hundert Meter von der Spedition entfernt. Hier gilt es drei Schalter zu entdecken, die uns unserem Ziel, das Auto loszuwerden, näherbringen. 

Erstens Aduana Exportación. Alle Papiere abgeben, dafür gibts einen weiteren Stempel darauf. Zweitens: Kasse. Nach 71 US$ gibt es einen weiteren Stempel. Drittens: Cuarantena (vermutlich Quarantäne). Noch ein Stempel! Und schon dürfen wir einen Kilometer weiter zur Hafeneinfahrt fahren. Hier geht es erst einmal nicht rein. Erst müssen kritische Blicke auf die vielen Stempel und Papiere geworfen werden. Außerdem müssen wir ein Dokument (Personalausweis) als Pfand abgeben, damit wir einen Besucherausweis erhalten. Dann öffnet sich das Tor doch noch für uns. Wir sind drin! Aber nur etwa zehn Meter. 

Jetzt kommt der Zoll und der lässt sich Zeit.  So ein Hafen ist auch ganz schön groß, außerdem ist gerade Mittagszeit. Naja... Das Auto wird gründlich inspiziert, ein Drogenhund schnuppert missmutig herum und das wars auch schon fast. Denn wir warten auf die Mitarbeiter der Spedition, wir selbst dürfen ja nicht zum Container fahren. Aber letztlich erscheinen auch diese, machen noch ein paar Fotos von Innen und Außen und gegen Nachmittag fahren wir mit einem Taxi, wieder im strömenden Regen, zum Omnibusterminal in Colón, wo wir einen Bus erhaschen, der uns zurück nach Panama City bringt. Erster Teil: Geschafft!!!!

 

Leider wird es in Cartagena nicht leichter. Auch dort beherrscht man die Kunst des Bürokratismus in Perfektion, auch dort liebt man Kopien, Stempel, Prägungen und erstmals sogar Fingerabdrücke.

Am ersten Tag (eine Woche später, wieder Montag!) dürfen wir uns Zeit lassen, denn das Büro der Spedition macht, nach reichlich Mittagspause erst um 14.00 h auf. Dort müssen wir uns drei Exemplare des endgültigen Bill of Landing abholen, die wir für die weiteren Behördengänge brauchen.

Danach mit dem Taxi ein paar Kilometer weiter zum DIAN. Das ist der Zoll! Dort gibt es gegen diverse Kopien unsererseits (Pass, Einreisestempel... naja, Ihr wisst schon...) ein vorläufiges TIP (Einfuhrformular), das natürlich erst nach weiteren Stempeln gültig wird. Wirklich eine nette Beamtin, sie kann ja auch nix für ihren Job. Dieses vorläufige TIP gilt es zu kopieren. (Einwurf: Vor jeder Behörde in Mittel- und ich fürchte auch Südamerika gibt es Geschäfte mit Kopierern) und wieder zurückzubringen. Danach muss noch eine Versicherung abgeschlossen werden, natürlich ein paar Häuserblocks weiter, aber das hat ganz gut geklappt. 

Jetzt, bewaffnet mit der Versicherung, dem vorläufigem TIP und der Zusage, dass die (nette) Zollinspektorin am nächsten Tag unser Auto prüfen will, geht es einen Kilometer weiter zum Hafen. Dort erhalten wir auf Nachfrage einen Besucherausweis, der zum Betreten der Büros berechtigt. Wir finden in Ivan Mejia auch den entsprechenden Ansprechpartner, der zwar im Internet als der langsamste Beamte Südamerikas beschimpft wurde, insgesamt aber sehr hilfsbereit ist. Ausgefüllt wird eine Art Laufzettel, auf dem viele Stationen aufgezeigt sind, die wir noch abzuarbeiten haben. Natürlich sind zuerst die Hafengebühren fällig. Stolze 279 US$. Danach geht es um meine Krankenversicherung. Ohne Lebensversicherung darf man nämlich nicht in den Hafen. Da auf meiner Bescheinigung nicht die Höhe der Deckung steht, muss der Chefe vom Ivan seine Zustimmung geben. Und das dauuuuert. Bis Ivan feststellt, dass sein Chefe vielleicht doch schon heimgegangen ist, es ist nämlich schon dunkel. Bleibt also auch uns nichts anderes übrig, als uns ins Hotel zurückzuziehen und auf den nächsten Tag zu warten. Natürlich kommt am Dienstag früh per WhatsApp dann die Meldung, dass meine Krankenversicherung nicht anerkannt wird und ich eine Lebensversicherung abschließen muss. So geht es halt erst einmal nicht zum Hafen sondern wieder zum Versicherungsbüro (an dem der Chefe vom Ivan bestimmt eine Minderheitsbeteiligung hält). Dort erfahren wir aber, dass eine Lebensversicherung, wie sie der Hafen vorschreibt, nicht direkt ausgestellt werden kann. Wir warten also auf eine Mail der Versicherung und zwar geschlagene drei Stunden. Dann ist es 11.45 h und von 12.00 h bis 14.00 h ist bei allen Ämtern, natürlich auch bei Zoll und Hafen, Mittagspause. Um 13.00 h hat uns Ivan aber wieder einbestellt und wir sind hoffnungsvoll, dass es vielleicht schneller geht. Denkste! Denn aus Gründen der Vereinfachung versammelt Ivan alle "Kunden", die an diesem Tag ein Fahrzeug abholen wollen zu einer Gruppe. Und das macht es auch nicht einfacher. Lustig ist, dass wir fast, alle "Kunden", die an diesem Tag abgefertigt werden sollen, bereits kennen. Da sind ein Pärchen, Kanadierin und Venezolaner (mit kanadischem Pass), die mit uns Ihr Fahrzeug in Colón abgegeben haben, zwei gehörlose(!!!) Motorradfahrer, Österreicher und Amerikaner, die uns zum ersten Mal bei der Abholung der Exportgenehmigung in Panama über den Weg gelaufen sind und denen wir beim Zoll in Colón ein wenig helfen konnten, ein Kolumbianer, der in Kanada lebt und in sage und schreibe acht Tagen von Kanada bis Panama gerast ist (den kennen wir von der morgendliche Polizeiinspektion) und ein Mexikaner, der nebst Frau und Kind Südamerika bereisen will um "einen guten Platz fürs Leben" zu finden. 

Leider fehlt bei so vielen "Kunden" halt das Eine oder Andere und so zieht sich die Sache hin. Dann plötzlich dürfen wir alle in ein weiteres Hafenbüro wandern, wo wir in einer umständlichen Zeremonie gegen die Hinterlegung unserer Pässe und weiterer Kopien (...diesmal von Ivan geliefert) unseren Besucherausweis für den eigentlichen Hafen freigeschaltet bekommen. Danach durch eine weitere Sicherheitsschleuse und nach hundert Metern stehen wir vor zwei Containern. Ich (Monika durfte nicht mit rein) bin als erster dran. Drei Hafenarbeiter stehen bereit, einer knackt die Plomben und öffnet den Container, einer löst die Verzerrung und einer fährt den Toyo raus. 30 Sekunden. Macht später 95 US$ fürs "Entladen". Super!!!

Jetzt kommt noch die nette Inspektorin vom Zollamt (zur Erinnerung: Da waren wir am Vortag wegen der Formulare), fragt nach meiner Frau (...durfte leider nicht mit rein!), vergleicht die ID-Nummer des Autos mit dem Typenschild (...oder tut so), fertig mit Zoll. Dann erkläre ich eigentlich nur noch den Verlauf unserer Reise, was ein wenig schwer ist, weil das Englisch der Zollinspektorin ungefähr meinem Spanisch entspricht. Nett war's trotzdem.

Danach geht es  aber leider nicht, wie man denken könnte, mit dem Auto raus sondern zu Fuß wieder zurück durch die Sicherheitsschleuse zur Hafenverwaltung. Wieder warten! Ivan ist weg, Kopien machen. Der Rest der Gruppe (die haben sich einen Container geteilt) diskutiert, wie die Hafengebühren aus zwei Autos und zwei Motorräder  aufzuteilen sind. Dem (gehörlosen) Amerikaner haben sie durch unsachgemäße Verstauung den Blinker am Motorrad abgebrochen, der will gar nix zahlen. Verständlich, trotzdem ist die Verständigung schwierig. 

 

Irgendwann kommt Ivan mit einem Stapel Kopien mit unzähligen Stempeln. Ich muss etliche Formulare unterschreiben und bekomme einen "Abholschein". Wieder durch die Schleuse rein und als ich rausfahren will stoppt mich ein Hafenmitarbeiter (...Inspektor??? ...Oberinspektor???). Der verschwindet mit all meinen Papieren erneut und erscheint nach zehn Minuten mit einem rosa Passierschein. Ich fahre auf einer mir zugewiesenen LKW-Spur Richtung Ausgang, passiere eine erste Kontrolle mit Schranke, lande an einer zweiten Kontrolle mit Schranke (...wo noch einmal alle meine Papiere geprüft werden) und schon ist der Toyo in Kolumbien. Monika einladen, Ausweise abgeben. Endlich beginnt unsere Reise durch Südamerika!

 

Und diese Reise wird, da sind wir uns sicher, genau so atemberaubend, wir der erste Teil und unser Trip durch USA und Mittelamerika. Begonnen hat es ja, davon habe ich schon berichtet, mit der bezaubernden Stadt Cartagena. Und, versprochen: Demnächst gibt es auch wieder mehr Bilder, Berichte von tollen Sehenswürdigkeiten, lustige Erlebnisse mit Eingeborenen und Protokolle von reichlich Speis und Trank. Servus!

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Kommentare: 2
  • #1

    schwi.-müttl- (Donnerstag, 24 November 2016 12:01)

    Danke für den Bericht, bin auch hier dabei! Bis jetzt habt Ihr zwei (od.4 und der liebe
    Tojo) ja alle Hürden geschafft sogar die bürokratischen! Gratuliere!
    Frage: die "Kleinen" mußten doch nicht im Container reisen?
    Eine wunderbare und problemlose Weiterreise durch Südamerika wünscht Euch
    Mutti

  • #2

    Monika (Freitag, 25 November 2016 23:25)

    Hallo liebe Gerti,

    nein, die "Kleinen" durften selbstverständlich komfortabel als blinde Passagiere mit uns im Flieger reisen. Unser mexikanischer Gevatter hat die Bewachung des Fahrzeugs im Container übernommen.