Mann, waren das zwei geduldsfadenausdehnende Tage. Aber wir sind letztlich doch in Kashgar gelandet und halten unsere chinesischen Führerscheine in der Hand. Und auch der Toyota hat nun eine offizielle chinesische Zulassung, auch wenn statt eines Nummernschildes nur ein Plakat in der Windschutzscheibe hängt. Doch der Reihe nach:
Am Dienstag sind wir extra früh losgefahren um pünktlich am Torugart-Pass zu sein. Trotz Straßen, die teilweise nur Schlammlöcher waren, haben wir’s um 11.30 h geschafft, die Passhöhe zu erklimmen und unser Auto erstmals auf knapp 4000 Höhenmeter gebracht. Der Ausgang aus Kirgisistan war recht unproblematisch (…man hat uns leider wieder mal nicht fotografieren lassen) und unser Guido stand bereits pünktlich am Tor zu China. Der erst Grenzcheck auf der Höhe verlief dann auch ganz kommod und wir dachten schon daran, gegen Nachmittag in Kashgar ein schäumendes Biergetränk einatmen zu dürfen. Denkste!
Nun muss man der Wahrheit halber einmal erwähnen, dass nicht die Chinesen mit ihrem Sinn für unglaubliche Bürokratieexzesse für die nun folgenden Verzögerungen Schuld tragen. Im Gegenteil! Wir erhielten die Nachricht, dass die Regengüsse der letzten Nacht eine Brücke weggespült hätten und dass man dabei sei, selbige zu reparieren. Also abwarten. Rund drei Stunden Pause.
Man muss dazu wissen, dass es auf der Passhöhe eine Art Vorab-Grenzkontrolle gibt, die eigentliche Prozedur findet jedoch im sogenannten Torugart-Port, ca. 150 km entfernt, im Tal, statt.
Nun also gegen 16.00 h macht sich eine Kolonne auf den Weg zum Port. Wir dabei. Durch Schlammpfade, die denen in Kirgisistan nicht nachstehen. Bis zu einer Polizeikontrolle, wo unser Konvoi aufgehalten wird. Pause. Kein Weiterkommen, Brücke noch immer nicht frei. Dafür jede Menge Militär, Bewacher, bewaffnet. Stay in your car!!! Nach einer weiteren Wartezeit von rund 45 Minuten kommen zwei SUVs der Immigration Police und nehmen unseren Konvoi in die Zange. Mit Blaulicht und max 60 km/h (auch auf der Autobahn). Unser Konvoi, das sind zwei Engländer mit einem VW-Bus, wir, ein kirgisischer Minibus mit ein paar Touristen unbekannter Herkunft und ein Reisebus, ebenfalls aus Kirgisistan. Leider erweist sich die Umleitungsstrecke, die wir fahren müssen als viel weiter als die normale, und so stehen wir endlich um 20:00 h am Torugart-Port. Da auch bei unserem Auto schon jetzt Fahrgestell-, Rahmen- und Motornummer (mehrfach???) gecheckt werden, zieht sich die Prozedur in die Länge, aber alles in allem arbeiten die chinesischen Grenzer flott und überaus korrekt.
Jetzt müssen wir leider wieder nach Kashgar zurückfahren und leider passiert das in der Dunkelheit. Wieder durch Umleitungen, Baustellen und Gebiete, wo Kinder auf der Straße rumrennen und gleichzeitig voll aufgeblendeter Gegenverkehr auf uns zubraust. Oder halt Traktoren mal ganz ohne Licht rumeiern. Mann, was sind wir froh über unsere Laser-Scheinwerfer. Wir haben jedes Aufblendduell gewonnen. Selbst gegen christbaumartig bestückte LKWs. Und wieder mal haben wir uns geschworen: Wir fahren nicht mehr in der Nacht.
Sei’s drum: Um elf Uhr waren wir endlich im Hotel. Und haben sogar in der Nachbarschaft im John’s Silk-Road-Cafe einpaar leckere Wan-Tan gespeist. Saumüde fielen wir ins Bett.
Nächster Tag. Laut China-Tours stehen „Chinesischer Führerschein und weitere Formalitäten“ auf dem Programm. Wir treffen also früh unseren Guido und fahren zum chinesischen TÜV. Weil wir aber die Formalitäten dort erledigen müssen, wo wir eingereist sind, ist dies nicht in Kashgar, sondern wir reisen wieder vierzig Kilometer Richtung Grenze. Dort angekommen entpuppt sich die leichte technische Durchsicht als eine komplette TÜV-Abnahme. Naja… für den Toyo kein Problem, stehen wir doch in einer Reihe mit teilweise merkwürdig fragil aussehenden Fahrzeugen. Dort werden, direkt vor der Prüfhalle fleißig unzulässige Spoiler oder Dachgepäckträger abgeschraubt (…die bestimmt hinter der Halle wieder ihren Weg aufs Auto finden), außerdem müssen ein Warndreieck und ein Feuerlöscher nachgewiesen werden. Das geht so: Man leiht sich beides von einem (der wenigen) Fahrzeugbesitzer, die beides mit sich führen, der Prüfer kommt und macht ein Handyfoto vom Auto mit den Utensilien und dann wandert das Equipment zum Nachbarauto. Naja… Anspruch und Realisierung. Wie dem auch sei, wir sind bald dran, und alles verläuft ohne Probleme. Selbst, wo die Rahmennummer beim Toyota ist, wissen wir jetzt endlich. Dann, praktisch zum Schluß, die Beleuchtungskontrolle. Doch ausgerechnet bei unserem Auto versagt das vollautomatische Prüfsystem (nebenbei bemerkt: Habt Ihr noch im Kopf, was wir über unsere Nachtfahrt berichteten? Und dass praktisch kein Fahrzeug über eine korrekte Beleuchtung verfügt hat?). Das heißt aber jetzt, dass wir warten müssen, bis die Anlage wieder repariert wird. Und das kann dauern. Dazu kommt, dass der TÜV drei (!!!) Stunden Mittagspause macht, währenddessen alle Hallen und Büros abgeschlossen werden und die wartenden Autofahrer in den Autos oder sonstwo schlafen. Um zehn waren wir da, um drei sind wir endlich durch.
Jetzt noch zur Polizei, die unser chinesisches Nummernschild herausgibt (…und nebenbei noch eine chinesische Zulassung ausstellt). Wieder warten, während unsere Guidos, mittlerweile zwei, von Schalter zu Schalter laufen. Selbst, wenn wir des Chinesischen mächtig wären - diesen Bürokratismus hätten wir nicht bewältigt. Letztlich wird alles gut, wir haben unser Nummernschild und den Führerschein bekommen wir sogar ohne Prüfung. Wer es auf eigener Achse bis hierher schafft, der braucht wohl keine Fahrprüfung mehr.
Unser Guido fährt mit uns und unserem völlig verschlammten Auto noch in eine Waschanlage, wo Männer fürs Grobe und zarte Frauenhände für die Feinpolitur zuständig sind. Mit einem strahlenden Auto kommen wir zurück ins Hotel, wo wir unseren freundlichen Reiseführer für die China-Durchfahrt Zhang Yong (genannt Axel) treffen. (Guido Nr. 1 und 2 waren nur für TÜV und Behörden zuständig.)
Wir freuen uns, dass es am Freitag endlich losgeht.
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Wolfgang und Inge (Samstag, 18 Juni 2016 01:24)
Wunderbare Erfahrungen, wieder ein toller Bericht. Bei diesen Erlebnissen
und den zu noch weiteren Abenteuern bekommt man richtig Lust so etwas zu erleben. Wolfgang und Inge
Eddy und Moni (Montag, 20 Juni 2016 10:35)
Spannender wie euere Reiseberichte kann kein Krimi sein, schön ist es aber alles mit einem guten Ausgang. Weiterhin wunderschöne Reiseerlebnisse.Grüße aus Giebelstadt