Es ist Montag, der 23. Mai und wir haben eine ganze Menge nachzuberichten. Gerade stehen wir inmitten einer beeindruckenden Bergkulisse, rund zwanzig Kilometer vor der turkmenischen Grenze, über die wir morgen nach Ashgabat einreisen wollen.
Die letzten Tage ist viel passiert (meist Angenehmes); aber das Internet, das wir in Hotels zur Verfügung hatten, reicht manchmal nicht einmal dazu Google aufzumachen, geschweige denn, Beiträge oder Bilder hochzuladen. Wenn Ihr nun glaubt, ab Turkmenistan wird es besser, dann muss ich Euch enttäuschen - auch dort sind z. B. Facebook und YouTube gesperrt, und so müsst Ihre weiter auf Filme vom tollen Straßenverkehr im Iran oder von unserem lange zurückliegenden ersten Basarbesuch in Täbris warten. Hier ist übrigens auch unsere Seite gesperrt - so können unsere persischen Freunde leider auch nicht mehr verfolgen, wo wir uns rumtreiben.
Von Na’In, das konnten wir noch hochladen, sind wir bis Mashhad praktisch immer durch die Wüste gefahren, insgesamt rund 1.000 Kilometer. Dabei ist die Wüste gar nicht so eintönig, wie man glaubt: Nur selten gibt es reinen Sand, so wie wir uns Wüste zuhause vorstellen - oft gibt es zerfurchte Geröllformationen, felsige Zonen, von anspruchslosen Gräsern bewachsene Ebenen oder gar Salzseen. Gemein ist nur, dass jede Landschaft endlos scheint.
Wo es Wasser gibt, entstehen seit alter Zeit Städte und Ortschaften. Die modernen Straßen folgen noch immer uralten Handelswegen. Zahllose Karawansereien bezeugen dies. Also hier unsere Route:
Yazd
Schöne alte Handelsstadt. Wir besuchen das Feuer der Zoroastriker „…also sprach Zarathustra…“, das seit dem Jahr 470 a. D. ununterbrochen brennt. Und nicht etwa als Gasflämmchen. Es wird sorgfältig mit ausgesuchten Hölzern am Leben gehalten. In der Altstadt gibt es viele tolle Hotels, die in ehemaligen Lehmbauten untergebracht sind. Diese können wir zwar besichtigen und auch ein tolles Abendmahl dort genießen - unser Auto passt aber nicht durch die engen Gassen. Schmid kauft noch eine Kurden-Hose und das wars auch schon.
Tabas
Ein heiliges Örtchen, das durch seinen heiligen Schrein auch genügend Komfort für Reisende bieten will. Von drei Hotels ist eines geöffnet - sehr basic, kein Fenster, nur „orientalisches“ Klo, kein Internet. Nachts Sandsturm und Gewitter. Ein Glück, dass wir nicht im Toyo schlafen.
Bardaskan, Kashmar, Torbat-e Heydariyeh, Gebirge
Heute ist eindeutig der besch… Tag unseres Aufenthaltes im Iran. Hatten wir den Tag noch damit begonnen, unser Auto von den Spuren des Sandsturmes reinigen zu lassen (…hat sogar mal eine Unterboden-Wäsche bekommen und glänzt wieder wie Sau), verlief der Rest des Tages ausgesprochen unerfreulich. In Bardaskan wollten wir übernachten, aber davor sind wir in eine Militärkontrolle geraten. Die haben unsere Pässe kontrolliert, daneben etwas von „Money“ gemurmelt und uns eine halbe Stunde aufgehalten. Bezahlt haben wir nix und konnten trotzdem weiterfahren. Solche Kontrollen (und zusätzliche von der Polizei) gibt es überall im Land, aber bisher wurden wir stets durchgewunken. Naja - sei’s drum. Irgendwann ist jeder mal dran.
In Kashmar dann hat uns ein Polizist im Ort angehalten. Und uns freundlich willkommen geheißen und gesagt, dass wir ein wenig warten sollten, und seinen Vorgesetzten angerufen, der dann kam und uns im Konvoi mit der Polizei ins Revier gelotst hat, und da saßen wir erst einmal fest: Toyo hinter Gittern, wir im Revier. Dann kam nach einer halben Stunde der Polizeichef des Ortes und hat sich vielmals entschuldigt, Bonbons verteilt und gefragt, wo wir überall gewesen waren. Das hat der alles schon auf dem Computer gehabt, weil die Hotels anscheinend ausländische Gäste melden müssen. (Nur, wo wir im Wald geschlafen haben, da war nix!) Lange Rede kurzer Sinn: Wir durften weiterfahren. Klar, dass wir keine Lust hatten in diesem Ort zu bleiben und nach Torbat Heydarieh weitergereist sind.
Dort - obwohl es ein recht großer Ort ist, gab es nur eine „Absteige“ und wir beschlossen, im Hotel Toyo zu nächtigen. Kaum aus dem Ort raus und auf dem Wege nach Mashhad: Die dritte Kontrolle (diesmal wieder Militär) an einem Tag. Wieder Pässe abgeben, Frage nach Kameras. Unser ganzer Laptop wurde durchsucht (Fotos von Unfallwägen, die zufällig vor einem Polizeiposten standen, gelöscht) und die beiden Verhörspezialisten haben sich alle unsere Urlaubsfotos der letzten Jahre angesehen. Das sind viele! Naja… zum Schluss haben sie uns fahren lassen.
Zur Strafe haben wir uns einen wunderbaren Platz im Gebirge gesucht und an einem kleinen Bach eine geruhsame Nacht verbracht. Sturm und Regen, die spät einsetzten, machten es umso heimeliger. Am nächsten Tag nach Mashhad, aber das ist ein Kapitel für sich.
Mashhad
Das religiöse Zentrum des Landes und ein Hort des wahren Glaubens. Daneben eine Zweieinhalbmillionen-Stadt mit all dem Chaos, das persische Megastädte so mit sich bringen. Weil wir in den Vortagen kein Internet hatten, konnten wir uns auch kein Hotel heraussuchen, das verkehrsgünstig zu erreichen ist. Und in Persien sind die Hotels, meist auch die großen, halt nur mit dem Namen (und auf Farsi) beschriftet und so können wir im Vorbeifahren nie feststellen, ob so ein Kasten eine Versicherung, das Finanzamt oder eben ein Hotel ist. Nicht so in Mashhad, aber das konnten wir erst später erfahren.
Wir fahren also rein und, nach endlosen Kilometern, sehen wir „Hotel“ und fahren fix rein. Es ist ein 5-Sterne-Bunker, aber bevor wir in den Straßenschluchten verenden, gönnen wir uns ein Zimmer für die Nacht. Und das war gut so!
Mashhad, wie gesagt, religiöses Zentrum, ist so eine Art Altötting oder Vierzehnheiligen für Moslems. Was sage ich: Mindestens Vierzehntausend Heiligen, wenn nicht mehr. Wir fahren also im Hotelshuttle (Allahseidank) rund 11 km zum Holy-District, der den Holy-Shrine umgibt. Dort gibt es jetzt tatsächlich Hotels und zwar hunderte. Oft protzige 5-Sterne-Paläste für arabische Pilger, aber auch einfache oder mittelpreisige Herbergen. Was es nicht gibt, sind Parkplätze, dafür aber ein unvorstellbares Verkehrschaos. Glück, dass wir nun zu Fuß unterwegs sind. Und Pilger. Pilger, Pilger, Pilger. Beseelt laufen Iraner und Araber sowie russisch oder andere uns unverständliche Sprachen sprechende Gläubige auf das Heiligtum zu. Hier ist die Verhüllung mit Tschador (deutsch = Zelt) fast hundertprozentig (…auch Monika hat einen Leih-Tschador vom Hotel bekommen). Auch Frauen (wenn’s welche waren) mit Burka-ähnlichen Verhülltechniken sind keine Seltenheit.
Wir also guten Mutes zum Heiligtum, doch dort werden wir erst einmal abgefangen. Monika muss den Lippenstift abwischen, ich die Kamera einschließen lassen und dann bekommen wir eine persönliche Bewachung. Wir dürfen auf das beeindruckende Gelände, es soll nach Aussage unserer Guida die zweitgrößte Moschee der Welt sein (in Wiki haben wir sie nicht unter den ersten sechs gefunden) und eine Fläche von einer Million Quadratmetern (Wiki: rund 600.000) haben, sowie die nach Mekka wichtigste Wallfahrtsstätte sein (kein Kommentar). Wir haben einen beeindruckenden Film anschauen dürfen und durften durch die sieben Höfe wandern. Den Schrein haben sie uns nicht gezeigt. Die Fotos sind aus einem Bildband abfotografiert, den wir bekommen haben.
Und dann: Basare, Shopping Malls, Läden, Läden, Läden. Wie bei uns auch, z. B.an Vierzehnheiligen. Nur hier halt für moslemische Pilger. Tausende, vielleicht zehntausende von Läden, die alle ein mehr oder weniger vergleichbares Programm anbieten: Was für die Kinder, was für die Daheimgebliebenen, was zum Essen und Trinken (aus Mashhad kommt fast die gesamte Weltproduktion an hochwertigem Safran) und vielleicht noch ein neues Zelt für die Dame (Tschador). Muss man gesehen haben. Wie gleich doch die Religionen sind. Und wie sehr sich die Religiösen auf die Ungleichheit berufen. Schade.
Unser Tag endet beim Libanesen mit einem echt leckeren Abendmahl. Morgen (24.5.) geht es bis kurz vor die turkmenische Grenze. Aber das wisst Ihr ja schon.
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Onkel Peter (Dienstag, 24 Mai 2016 14:43)
Lösung: Der Mächtige kommt von MACHT.
Silke (Dienstag, 24 Mai 2016 17:12)
Hallo Ihr beiden, vielen Dank für die schönen Impressionen aus dem Orient, mit denen ich jeden PC-Tag freudig beginne.
Schwarz kombiniert mit Pink steht dir übrigens gut Monika. Bis auf den Regen & die fetten Schnecken ist hier alles gut, die Rosen beginnen zu blühen und der Spargel schmeckt wirklich gut und bietet eine angenehme Abwechslung,... der grüne Bockshornklee mit Bohnen wäre ehrlich gestanden nicht so nach meinem Gusto.
Gute Fahrt weiterhin mit harmlosen Kontrollettis, Silke vom Weserstrand
Monika und Rainer (Dienstag, 24 Mai 2016 20:55)
@Silke: um den Spargel beneide ich Euch ein wenig... Die Mückenpatsche aus dm Survival-Paket leistet übrigens gute Dienste: wir bekämpfen damit eine Ohrenknefer-Population im Dachhimmel (später vielleicht mehr dazu)
LG aus Ashgabat
PS: im Fernsehen läuft gerade Fußballl MSV Duisburg gegen Würzburger Kickers
Ulla und Michael (Mittwoch, 25 Mai 2016 16:14)
Hallo Ihr Zwei,
wie aufregend - ist ja richtig was los bei Euch.
Kann gut verstehen, liebe Moni, dass Du Dich bei dem Wetter nach dem ersten "Nicht-Schleiereulen-Tag" sehnst.
Weiterhin gute Fahrt - wir wünschen nur noch Bekanntschaften mit ausgesprochen freundlichen Menschen!
PS:... das mit den "mat(s)chigen" Kindern ist ja süss!
Liebe Grüße aus der Heimat
Andrea und Martin (Mittwoch, 25 Mai 2016 21:33)
Hallo ihr Lieben,
es ist soll schön Eure Berichte zu lesen und die Fotos zu sehen, wir freuen uns über jeden neuen Eintrag und brennen schon auf die nächsten - toller Anlass auch zu Globusstudien mit den Kids, die lernen daran grad ganz viel über die Welt und lieben Eure Fotos! Wir sind gespannt auf die Filme, die Ihr hoffentlich bald hochladen könnt ;-) "Herr Benz?" Weiterhin viel Spaß, tolle Erlebnisse und Begegnungen und dass der Toyo Euch weiterhin sicher durch Asien bringt.
Ganz liebe Grüße aus Monheim von Andrea & Martin
Inge und Wolfgang (Mittwoch, 25 Mai 2016 22:24)
Ihr Lieben,
wir sind wieder begeistert von Eurem Bericht, der sich wie ein spannender
Abenteuerroman liest, in Wirklichkeit aber ein aktueller Tatsachenbericht
ist.
Uns würde auch noch interessieren, etwas über die iranische Tierwelt zu
erfahren. In den Halbwüsten Irans und Turkmenistans sollen die letzten
Onager (Wildesel) in freier Wildbahn überlebt haben.
An der Grenze Iran /Turkmenistan liegt auch ein Nationalpark, auf den wir
im Internet gestoßen sind und sich "Sarany Protected Area" nennt. Dort
sollen neben atemberaubenden Landschaften sogar Steppenadler,Wölfe
und Leoparden vorkommen.
Wenn sich die Gelegenheit ergibt und es nicht zu umständlich ist, würden
wir uns freuen, darüber von Euch zu hören.
Liebe Grüße
Inge und Wolfgang
Gisela & Micky (Freitag, 27 Mai 2016 09:40)
Eure Reiseberichte sind phantastisch !
Nachdem ich am Sonntag wohlbehalten aus dem Libanon wiedergekommen bin kann ich vieles noch besser verstehen.
Der Libanon ist auch ein sehr schönes Land mit spannenden Geschichten:-).
Lg von zu Hause
Monika und Rainer (Freitag, 27 Mai 2016 11:44)
@Andrea und Martin: Schön, dass es den Kindern (und Euch) gefällt. Wir werden uns bemühen, dem Bildungsauftrag weiter gerecht zu werden! Wir selber lernen auch jeden Tag eine ganze Menge über die Welt - und was soll ich sagen: wir werden meistens angenehm überrascht!
LG aus Urganch (Uzbekistan)
Monika und Rainer (Freitag, 27 Mai 2016 11:48)
@Inge und Wolfgang: Ihr habt sicher bessere Möglichkeiten, die Tierwelt im Iran im Internet zu recherchieren. Zum Glück ist es uns erspart geblieben, beim nächtlichen Austreten in der Wüste auf einen Leoparden zu treffen. Gesehen haben wir lediglich eine Schildkröte und diverse große Greife, von denen ich in der Tat vermute, dass es sich um Adler gehandelt haben könnte.
Sind mittlerweile ich Uzbekistan angekommen.....
Liebe Grüße nach Remscheid